Wachkoma - apallisches Syndrom

Das Apallische Syndrom ist ein Krankheitsbild in der Neurologie, das durch schwerste Schädigung des Gehirns hervorgerufen wird. Dabei kommt es zu einem funktionellen Ausfall der gesamten Großhirnfunktion oder größerer Teile, während Funktionen von Zwischenhirn, Hirnstamm und Rückenmark erhalten bleiben. Dadurch wirken die Betroffenen wach, haben aber aller Wahrscheinlichkeit nach kein Bewusstsein und nur sehr begrenzte Möglichkeiten der Kommunikation (z. B. durch Konzepte wie die Basale Stimulation) mit ihrer Umwelt. In Deutschland wird von wenigstens 10.000 Betroffenen ausgegangen.

Entwicklung des Begriffes

Der deutsche Psychiater Ernst Kretschmer beschrieb 1940 einen Patienten im Apallischen Syndrom (Wachkoma) folgendermaßen: „Der Patient liegt wach da mit offenen Augen. Der Blick starrt gerade oder gleitet ohne Fixationspunkt verständnislos hin und her. Auch der Versuch, die Aufmerksamkeit hinzulenken, gelingt nicht oder höchstens spurweise, reflektorische Flucht- und Abwehrbewegungen können fehlen ..." Dem ist auch heute nicht viel hinzuzufügen. Ansprechen, Anfassen, Vorhalten von Gegenständen erweckt keinen sinnvollen Widerhall. Jennet und Plum führten 1972 den heute international akzeptierten Begriff des persistent vegetative state ein. Durch die Multi-Society-Task-Force on PVS wurde 1994 die Unterscheidung zwischen „persistent vegetative state" (andauernder vegetativer Zustand) für einen zumindest teilweise rückbildungsfähigen Zustand und „permanent vegetative state" (ständiger vegetativer Zustand) für einen dauerhaften Schaden eingeführt.

Der Begriff „vegetative state" bezieht sich darauf, dass das autonome (vegetative) Nervensystem die basalen Lebensfunktionen wie Atmung, Kreislauf, Verdauung etc. aufrechterhält.

Ursachen

Ein apallisches Syndrom ist immer Folge einer schweren Schädigung des Gehirns. Diese wird am häufigsten durch ein Schädel-Hirn-Trauma oder Sauerstoffmangel (Hypoxie) als Folge eines Kreislaufstillstandes hervorgerufen. Weiterhin können Schlaganfall, Meningitis/Enzephalitis, Hirntumore oder neurodegenerative Erkrankungen (z. B. Parkinson-Syndrome) zu einem apallischen Syndrom führen. Auch massive anhaltende Unterzuckerung, z. B. nach einem Suizidversuch mit Insulin, können das Syndrom verursachen.

Letztlich kommt es zu einer überwiegenden Schädigung des Großhirns, wobei hier neben dem Untergang der Hirnrinde auch z. B. eine beidseitige Schädigung des Thalamus oder der Formatio reticularis zu einem apallischen Syndrom führen können. Zumeist liegen jedoch Mischformen mit Schädigung mehrerer wichtiger Hirnregionen vor.

Symptome

Das apallische Syndrom ist meist Folge einer akuten schweren Erkrankung (Ausnahme: neurodegenerative Erkrankungen). Die Patienten werden daher überwiegend zunächst auf einer Intensivstation behandelt. In dieser Zeit sind sie oft komatös, müssen künstlich beatmet und ernährt werden. Nach Sauerstoffmangel treten oft starke Muskelzuckungen (Myoklonien) auf.

Danach kommt es zu einer Stabilisierung der körperlichen Funktionen. In dieser Übergangszeit von einigen Wochen bestehen oft massiv erhöhter Blutdruck, Schwitzen, Herzrasen usw. als Zeichen einer Störung des vegetativen Nervensystems. Die entsprechenden Symptome werden zumeist mit entsprechenden Medikamenten behandelt. Demgegenüber wird meist die Unabhängigkeit von der künstlichen Beatmung als Zeichen einer Stabilisierung der Hirnstammfunktionen betrachtet. Danach kann der Patient die Intensivstation verlassen. Auch die Wachheit etabliert sich meist in diesem Zeitraum.

Schließlich kann es entweder zu einer mehr oder weniger guten Erholung der Hirnfunktionen kommen oder sich das Bild eines permanent vegetative state entwickeln. Dabei sind die Betroffenen tagsüber oft wach, öffnen die Augen ohne etwas anzusehen, haben teilweise bestimmte Bewegungsmuster (z. B. schablonenhafte Bewegungen von Gesicht oder Mund). Folgende Erscheinungen gelten als typisch:

  • Schlaf-/Wachrhythmus erhalten
  • keine bewusste Wahrnehmung
  • keine Kommunikationin Rückenmark, Hirnstamm oder durch das Vegatativum gesteuerte Reflexe
  • Automatismen
  • schwimmende oder hin und her gehende Augenbewegungen
  • Tetraspastik

Therapie

Die Behandlung orientiert sich an den Phasen der Neurologischen Frührehabilitation. Dabei steht zunächst die Akutbehandlung (Phase A) im Mittelpunkt. In dieser Zeit werden zumeist ein Luftröhrenschnitt (Tracheotomie), eine Ernährungssonde durch die Bauchwand (PEG) und oft auch eine Urinableitung durch die Bauchwand (SPF) angelegt, um die Lebensfunktionen zu sichern und eine optimale pflegerische Versorgung zu ermöglichen (einschließlich Ernährung). Bereits während dieser Zeit sollten allerdings rehabilitativ orientierte Angebote durch vor allem Physiotherapie und Logopädie gemacht werden. Dadurch lassen sich Kontrakturen oder Lungenentzündungen vermeiden sowie die Schluckfunktion verbessern. Die Funktion des Schluckens ist nach Beendigung der maschinellen Beatmung entscheidend dafür, ob die Trachealkanüle entfernt werden kann.

Nach Abschluss der Akutbehandlung schließt sich die Frührehabilitation der Phase B an. Das Therapieangebot wird dabei um Ergotherapie und Neuropsychologie erweitert. Zusätzlich kann Musiktherapie eingesetzt werden. Ziel ist die Verbesserung motorischer, geistiger und psychischer Funktionen. Die Behandlung muss im Team unter ärztlicher Leitung erfolgen, dies wird auch von den Kostenträgern gefordert und nachgeprüft. Weitgehend durchgesetzt hat sich das Konzept der Basalen Stimulation, welches in einem integrierten pädagogischen und pflegerischen Konzept eine dem Schädigungsmuster angepasste Wahrnehmung der Umwelt und Unterstützung einfacher Körperfunktionen (z. B. Bewegungen) vermitteln soll.

In dieser Phase, die zwischen einem Monat und einem Jahr dauert, entscheidet sich die Prognose des Betroffenen. Kommt es zu einer merklichen Verbesserung physischer und psychischer Leistungen, so können weitere Phasen der Rehabilitation angeschlossen werden (Phasen C/D/E). Bleibt er jedoch bewusstlos, muss zur Phase F (dauerhafte „Aktivierende Behandlungspflege") übergegangen werden.


Quelle: Wikipedia

weitere Infos:
http://de.wikipedia.org/wiki/Apallisches_Syndrom
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/wib/948906/

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